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Bettina Tschuor

Einblick in die Landwirtschaft von anno dazumal

Wie die Landwirtschaft und somit Ernährungsgrundlage im Dorf Arosa in früheren Jahren beschaffen war, zeigen eindrücklich die Erläuterungen von Johann B. Casti aus Arosa, der im Jahr 1972 sein dreibändiges Werk über das Bergbauerndorf verfasst und herausgegeben hat. Wichtiger als der Anbau von Kulturpflanzen war stets die Haltung von Tieren, um daraus Erzeugnisse gewinnen zu können. Zudem konnten diese auch noch für Transportzwecke genutzt werden. Das Gras und somit die Flächen der Wiesen und Alpen wurden als Tierfutter genutzt - im Sommer grasten die Tiere, im Winter wurde Heu verfuttert. Erst später und aus der Not heraus, wurden Kartoffeln und Gerste angepflanzt.

Schaut man sich die heutige Ausrichtung der Bauern in der Region Plessur (Chur, Churwalden, Schanfigg) an, so scheint sich wenig verändert zu haben: Der Fokus liegt weiterhin auf Vieh- und Milchwirtschaft. Im Jahr 2021 wurden lediglich 2.0% der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche für den Getreideanbau genutzt, 0.1 % für den Anbau von Kartoffeln (Hackfrüchte). Verglichen mit den letzten 10 Jahren ist es aber dennoch eine Steigerung von knapp 1.0 %, wobei der Kartoffelanbau in etwa gleichbleibend war.
Mit anderen Zahlen: 285 Betriebe und somit 89.6 % der Betriebe sind spezialisierte Weideviehbetriebe. Verglichen mit der gesamtschweizerischen Produktion liegt der Anteil an tierischen Erzeugnissen hier deutlich über dem Durchschnitt.
(Bundesamt für Statistik, 2021)

Nachfolgend ein Auszug aus dem Manuskript:

J. B. Casti

Arosa

Band II. Das Bergbauerndorf

Monographie über Arosa (Manuskript)

1971

Abschnitt 6: die wirtschaftlichen Verhältnisse

A. Die Landwirtschaft

I: Wiesenbau, Alpen, Viehzucht, Milchwirtschaft

Durch Jahrhunderte, von der Besiedelung an bis zu Mitte des 19. Jahrhunderts, beherrschte die Landwirtschaft mit Bergwiesenbau, Alpbetrieb, Viehhaltung und Milchwirtschaft das Wirtschaftsleben in Arosa vollständig. Die wenigen romanischen Klosterbauern oben am Waldrande mussten hauptsächlich darnach trachten, bessere Weideplätze nach und nach in Bergwiesen umzuwandeln, damit sie ihre Viehhabe wintersüber ordentlich durchhalten konnten; sommersüber stand Alpweide im Überfluss zur Verfügung.

Wie später der walserische Grosshof Araus unter die Neusiedler verteilt wurde, kann urkundlich nicht genau belegt werden. Der Überlieferung nach wurde das Lehen an drei Brüder übertragen; zwei erhielten die innere Alp, den Schönboden mit Carmenna zugeteilt, der dritte die äussere Alp, den Sattel. Aus der Grösse der Zinsen im Vazer Urbar ergibt sich, dass 7-8 Lehensfamillien angesiedelt wurden. Wahrscheinlich empfing jeder Genossenschafter ein abgerundetes Stück Waldland zur Rodung und Gewinnung des nötigen Wieslandes für seine Hofstatt und das Winterfutter. Die im Überfluss vorhandene Alpweide aber bildete ein Zubehör, eine Pertinenz, zum Hofgut und wurde gemeinsam bewirtschaftet. In zäher, strenger Arbeit erschaffen sich unsere Bauern im Laufe des 14. Jahrhunderts im Talkessel von Arosa eine stattliche Zahl von Hofstätten mit etwa 200 Kuhland Bergwiesen und Mädern. Wohl schon damals nutzten die meisten Familien neben dem Haupthofe noch ein oder mehrere Gütlein mit Nebengebäuden in verschiedener Höhenlage, wie es später der Fall war. Das Alpland umfasste rund 300 Stösse.

Auf dieser Grundlage entwickelte sich gleichzeitig die Viehhaltung. Das wichtigste Haustier war das Rind, wahrscheinlich das Graurind. Es versorgte ja den Besitzer mit Milch, welche teils zu Smalz, Käse und Ziger verarbeitet wurde; geschlachtet lieferte es dann Fleisch und Haut. Auch als Zugtier und Saumtier liess es sich verwenden. Das Landschaf spendete Wolle, Fleisch und das Fell. Die Abfälle aus Haus und Käserei fanden ihre Ausnutzung in der Schweinezucht. Ausser für den Eigenverbrauch dienten diese verschiedenen Erzeugnisse auch dazu, den Lehenszins zu bestreiten, der ums Jahr 1300 für den ganzen Grosshof betrug: «226 Käse, 22 Vidir, 6 Lembir, 66 sheppar wolle und 4 viertel smalzes».

Die Landwirtschaft, die Hauptarbeit, wickelte sich im Laufe des Jahres in vier verschieden langen und im Betriebe unterschiedlichen Zeitabschnitten ab. Das Grossvieh musste bis Ende Mai im Stalle gefüttert werden, dann konnte es 2-3Wochen lang auf die Weide getrieben werden, musste aber zusätzlich noch im Stalle gefüttert sein. Vom 20. Juni an bis etwa 20. September fand es normalerweise sein Futter auf der Alpweide; bis etwa Mitte Oktober konnte es wieder auf die Weide getrieben, musste aber zusätzlich im Stalle leicht gefüttert werden. Ab Mitte Oktober setzte dann die volle Stallfütterung ein. Letztere dauerte also etwa acht Monate und erforderte recht viel Heu. Der Heuet begann wohl, wie in späteren Zeiten bei ähnlichen Wetterverhältnissen etwa Mitte Juli und dauerte evtl. bis Ende August. Bei schönem Herbstwetter konnte dann im September noch geemdet werden.


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II. Getreidebau

Die bisher bekannt gewordenen Aufzeichnungen und Überlieferungen lassen darauf schliessen, dass in Alt-Arosa nur in ganz besonderen Zeiten, in der Gegend des Untersees in 1700 m.ü.M. etwas Gerste angepflanzt wurde. Dieser Fall lag z.B. zwischen 1770 und 1800 vor. Lau dem Kirchenbuch war der Winter 1769/70 sehr niederschlagsreich. «Am 1. Meyen lagen vor dem Pfrundhaus noch 2 Ellen Altschnee, noch am 26. Meyen konnte man ob dem Weeg nicht arbeiten» und erst am «letzten Meyen gingen die Seen offen». 1771 und 1772 herrschte in ganz Bünden grosse Hungersnot. Das für die Landwirtschaft ungünstige Wetter dauerte an. Österreich bereitete bezüglich der zollfreien Einfuhr von Getreide immer grössere Schwierigkeiten. Die Preise des lombardischen Getreides stiegen rasch; 1 Saum Roggen kostete z.B. in Clefen fl 15.- 1 Saum Weizen fl. 20.-, wozu noch die sehr hohen Fuhrlöhner kamen. Das alles dürfte auch die Aroser veranlasst haben, sich zusätzlich mit selbstgepflanztem Korn zu versorgen. Es ist nicht ausgeschlossen, das Chr. Marugg in seiner 1781 neu erbauten Mühle am Mittelbach nicht nur fremde, sondern auch einheimische Frucht mahlte und dass zur selben Zeit auf dem «Tenn im alten Stall beim Hubl ob der Seegrube» hier gebundene Getreidegarben gedroschen wurden.
Andererseits berichten die Bündner Chronisten übereinstimmend: U. Campell 1572, N. Sererhard 1742, Tscharner 1842, Getreidebau sei im Plessurtal nur bis Peist betrieben worden.

III: Kartoffelbau

Ähnlich. wie bejm Getreidebau lagen die Verhältnisse beim Kartoffelbau. Noch 1750 gab es in den Bünden nur an wenigen Orten Kartoffeläcker; erst die Hungerjahre 1771/72 veranlassten eine ausgedehnte Anpflanzung dieser wichtigen Kulturpflanze (Lehmann: Die Republik Graubünden). Die erste schriftliche Kunde über den Kartoffelbau in Arosa datiert aus dem Jahre 1842. Gemäss Pfrundvertrag erhielt Pfarrer Zellweger an sein Gehalt neben fl 292.- u. a. auch einen Kartoffelacker oder fl 4.-

IV. Die Alpen im Arosergebiet

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